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Absichten, Pläne, Strategien
Erkundungen einer historischen Intentionalitätsforschung, Kontingenzgeschichten 5
Taschenbuch von Marcel Bubert
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
Absichten, Pläne und Strategien erforschen: EinleitungJan-Hendryk de Boer, Marcel BubertIst Intentionalität ein Thema der Geschichtswissenschaft? Es gäbe manche Gründe dafür, diese Frage verneinend zu beantworten. Bereits ein rascher Blick in einschlägige geschichtstheoretische und -methodologische Darstellungen und Handbücher zeigt, dass die Rolle von Intentionalität und geistigen Zuständen historischer Akteurinnen und Akteure - von der Ausnahme der ideengeschichtlichen Diskussion abgesehen - nur selten thematisiert wird. Ein anderes Bild ergeben konkrete Studien: Hier wird zwar ebenfalls nur in Ausnahmefällen das Phänomen der Intentionalität theoretisch eingeholt, zugleich finden sich jedoch in großer Regelmäßigkeit Aussagen zu Absichten, Plänen und Strategien, die Handelnde verfolgt hätten. Banaler Weise macht es in der historischen Erklärung einen Unterschied, ob ein Herrscher unbeabsichtigt durch eine als Unfall anzusehende Handlung starb, oder ob er absichtlich ermordet [...] wieder stellt sich die Frage, ob Akteure mit ihrem Handeln einen größeren Plan verfolgten und bestimmte Ziele anstrebten oder ob ihr Handeln rein situativ motiviert war. War die Krise der römischen Republik im 1. Jahrhundert v. Chr. ein sich individueller Beeinflussung weitgehend entziehender Prozess, oder nutzten personale und kollektive Akteure strategisch Offenheiten, die ihnen aus strukturellen Gegebenheiten erwuchsen? War die sogenannte karolingische Renaissance durchweg oder überwiegend Resultat gezielter Anstrengungen von Hof und Kirche? Gab es eine planvolle ottonische 'Rom- und Ostpolitik', oder sind die entsprechenden Maßnahmen als reaktive Antworten auf je aktuelle Herausforderungen zu verstehen? Plante man im Vierten Kreuzzug die Eroberung Konstantinopels, oder war diese ein Betriebsunfall? Beabsichtigten die Wittenberger und Zürcher Theologen der 1510er und 1520er Jahre zunächst eine Reform der Kirche von innen heraus, oder strebten sie einen Bruch mit der bestehenden institutionellen Ordnung an? War die Umgestaltung des Systems der Hohen Schulen im späten 17. und 18. Jahrhundert, die sich etwa in der Gründung der Aufklärungsuniversitäten Halle und Göttingen organisatorisch manifestierte, planvolles Handeln oder ein emergentes Phänomen? Schlitterten die Politiker im Jahre 1914 schlafwandlerisch in einen großen Krieg hinein, oder gab es einflussreiche Gruppierungen, die einen solchen möglicherweise nicht wünschten, aber doch als Risiko einkalkulierten? Ist es Resultat strategischen Handelns, dass es marginalisierten Gruppen im Laufe des 20. Jahrhunderts in verschiedenen Gesellschaftssystemen gelang, Agency zu erwerben und hegemoniale Ordnungen, wenn nicht aufzulösen, so doch zu verändern? All diese Fragen, so glauben wir, lassen sich nicht befriedigend beantworten, ohne auf Absichten, Pläne und Strategien der beteiligten Akteurinnen und Akteure zu rekurrieren.1. Was bisher geschah: Intentionalität und GeschichtswissenschaftDie Unbekümmertheit, mit welcher die historische Forschung derartige Fragen nicht selten mit sehr konkreten Aussagen über das Wollen, die Absichten und Ziele der Akteure beantwortet, ohne ihre intentionalistischen Annahmen theoretisch zu reflektieren, steht freilich in einem durchaus merkwürdigen Widerspruch zu der Tatsache, dass in den jüngeren historischen Kulturwissenschaften im Zeichen von Körpergeschichte, Materialität und Praxeologie die Rückführung von Praktiken auf Mentales teils heftig kritisiert und einem Mentalismus eine entschiedene Absage erteilt wurde. Stattdessen wurde für eine Dezentrierung des Subjekts plädiert, die zugleich als Dezentrierung des Mentalen verstanden wurde. Jedenfalls erscheint es zunächst verwunderlich, dass so häufig leichtfertig von Intentionen die Rede ist, obwohl die leitenden Theoriekonzepte der neueren Kulturwissenschaft gerade solche Erklärungsmodelle etabliert haben, in denen intentionales Handeln teilweise offensiv abgelehnt, teilweise zugunsten anderer Aspekte
Absichten, Pläne und Strategien erforschen: EinleitungJan-Hendryk de Boer, Marcel BubertIst Intentionalität ein Thema der Geschichtswissenschaft? Es gäbe manche Gründe dafür, diese Frage verneinend zu beantworten. Bereits ein rascher Blick in einschlägige geschichtstheoretische und -methodologische Darstellungen und Handbücher zeigt, dass die Rolle von Intentionalität und geistigen Zuständen historischer Akteurinnen und Akteure - von der Ausnahme der ideengeschichtlichen Diskussion abgesehen - nur selten thematisiert wird. Ein anderes Bild ergeben konkrete Studien: Hier wird zwar ebenfalls nur in Ausnahmefällen das Phänomen der Intentionalität theoretisch eingeholt, zugleich finden sich jedoch in großer Regelmäßigkeit Aussagen zu Absichten, Plänen und Strategien, die Handelnde verfolgt hätten. Banaler Weise macht es in der historischen Erklärung einen Unterschied, ob ein Herrscher unbeabsichtigt durch eine als Unfall anzusehende Handlung starb, oder ob er absichtlich ermordet [...] wieder stellt sich die Frage, ob Akteure mit ihrem Handeln einen größeren Plan verfolgten und bestimmte Ziele anstrebten oder ob ihr Handeln rein situativ motiviert war. War die Krise der römischen Republik im 1. Jahrhundert v. Chr. ein sich individueller Beeinflussung weitgehend entziehender Prozess, oder nutzten personale und kollektive Akteure strategisch Offenheiten, die ihnen aus strukturellen Gegebenheiten erwuchsen? War die sogenannte karolingische Renaissance durchweg oder überwiegend Resultat gezielter Anstrengungen von Hof und Kirche? Gab es eine planvolle ottonische 'Rom- und Ostpolitik', oder sind die entsprechenden Maßnahmen als reaktive Antworten auf je aktuelle Herausforderungen zu verstehen? Plante man im Vierten Kreuzzug die Eroberung Konstantinopels, oder war diese ein Betriebsunfall? Beabsichtigten die Wittenberger und Zürcher Theologen der 1510er und 1520er Jahre zunächst eine Reform der Kirche von innen heraus, oder strebten sie einen Bruch mit der bestehenden institutionellen Ordnung an? War die Umgestaltung des Systems der Hohen Schulen im späten 17. und 18. Jahrhundert, die sich etwa in der Gründung der Aufklärungsuniversitäten Halle und Göttingen organisatorisch manifestierte, planvolles Handeln oder ein emergentes Phänomen? Schlitterten die Politiker im Jahre 1914 schlafwandlerisch in einen großen Krieg hinein, oder gab es einflussreiche Gruppierungen, die einen solchen möglicherweise nicht wünschten, aber doch als Risiko einkalkulierten? Ist es Resultat strategischen Handelns, dass es marginalisierten Gruppen im Laufe des 20. Jahrhunderts in verschiedenen Gesellschaftssystemen gelang, Agency zu erwerben und hegemoniale Ordnungen, wenn nicht aufzulösen, so doch zu verändern? All diese Fragen, so glauben wir, lassen sich nicht befriedigend beantworten, ohne auf Absichten, Pläne und Strategien der beteiligten Akteurinnen und Akteure zu rekurrieren.1. Was bisher geschah: Intentionalität und GeschichtswissenschaftDie Unbekümmertheit, mit welcher die historische Forschung derartige Fragen nicht selten mit sehr konkreten Aussagen über das Wollen, die Absichten und Ziele der Akteure beantwortet, ohne ihre intentionalistischen Annahmen theoretisch zu reflektieren, steht freilich in einem durchaus merkwürdigen Widerspruch zu der Tatsache, dass in den jüngeren historischen Kulturwissenschaften im Zeichen von Körpergeschichte, Materialität und Praxeologie die Rückführung von Praktiken auf Mentales teils heftig kritisiert und einem Mentalismus eine entschiedene Absage erteilt wurde. Stattdessen wurde für eine Dezentrierung des Subjekts plädiert, die zugleich als Dezentrierung des Mentalen verstanden wurde. Jedenfalls erscheint es zunächst verwunderlich, dass so häufig leichtfertig von Intentionen die Rede ist, obwohl die leitenden Theoriekonzepte der neueren Kulturwissenschaft gerade solche Erklärungsmodelle etabliert haben, in denen intentionales Handeln teilweise offensiv abgelehnt, teilweise zugunsten anderer Aspekte
Details
Erscheinungsjahr: 2018
Fachbereich: Allgemeines
Genre: Geschichte
Rubrik: Geisteswissenschaften
Thema: Lexika
Medium: Taschenbuch
Inhalt: 366 S.
ISBN-13: 9783593509563
ISBN-10: 3593509563
Sprache: Deutsch
Einband: Kartoniert / Broschiert
Autor: Bubert, Marcel
Boer, Jan-Hendryk de
Bruhn, Stephan
Hoffarth, Christian
Klein, Franziska
Kypta, Ulla
Redaktion: de Boer, Jan-Hendryk
Bubert, Marcel
Herausgeber: Jan-Hendryk de Boer/Marcel Bubert
Auflage: 1/2018
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 213 x 140 x 22 mm
Von/Mit: Marcel Bubert
Erscheinungsdatum: 04.10.2018
Gewicht: 0,457 kg
Artikel-ID: 113667570
Details
Erscheinungsjahr: 2018
Fachbereich: Allgemeines
Genre: Geschichte
Rubrik: Geisteswissenschaften
Thema: Lexika
Medium: Taschenbuch
Inhalt: 366 S.
ISBN-13: 9783593509563
ISBN-10: 3593509563
Sprache: Deutsch
Einband: Kartoniert / Broschiert
Autor: Bubert, Marcel
Boer, Jan-Hendryk de
Bruhn, Stephan
Hoffarth, Christian
Klein, Franziska
Kypta, Ulla
Redaktion: de Boer, Jan-Hendryk
Bubert, Marcel
Herausgeber: Jan-Hendryk de Boer/Marcel Bubert
Auflage: 1/2018
campus verlag: Campus Verlag
Maße: 213 x 140 x 22 mm
Von/Mit: Marcel Bubert
Erscheinungsdatum: 04.10.2018
Gewicht: 0,457 kg
Artikel-ID: 113667570
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