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Die Entstehung der grünen Politik
Kultursoziologie der westdeutschen Umweltbewegung
Taschenbuch von Andreas Pettenkofer
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
Vorwort
Die Existenz einer 'grünen' politischen Option scheint heute selbstver-ständlich; wer andere Parteien wählt, hält es doch für normal, dass es auch grüne Parteien gibt. Dennoch bedeutet die Entstehung dieser grünen Politik einen tiefgreifenden, durchaus unwahrscheinlichen Wandel der politischen Kultur, für den eine plausible Erklärung immer noch aussteht. Das gilt gerade auch für den Fall der alten Bundesrepublik. Die Organisationsgeschichte der grünen Partei, einschließlich ihrer Gründungsgeschichte, ist zwar gut erforscht. Die Frage bleibt aber: Wie konnten sich eigentlich die kulturellen Voraussetzungen bilden, die dann auch die Gründung einer solchen Organisation sinnvoll und wertvoll erscheinen ließen? Wie kam es zu dem tieferen Einverständnis, das eine enge Kooperation zwischen Gruppen erlaubte, die untereinander höchst zerstritten schienen? Hier lohnt es sich, nochmals jene 'neulinke' Protestbewegung in den Blick zu nehmen, die in den 60er Jahren in Gang kommt und über die Mitte der 80er Jahre hinaus andauert; das 'grüne' Deutungsmuster wurde wesentlich durch die Eigendynamik dieser Protestbewegung hervorgebracht. Darum bietet die Untersuchung dieses Falls auch Gelegenheit, ein Set sozialer Mechanismen genauer zu begreifen, die auch in anderen Fällen einen kulturellen Wandel antreiben, mit dem so nicht zu rechnen gewesen wäre.
Denn das 'grüne' Muster unterscheidet sich deutlich vom Programm eines 'Naturschutzes' wie auch von der damals neuen sozialliberalen Um-weltpolitik . Der Unterschied liegt nicht bloß darin, dass das 'Grüne' nun zu einem eigenen Standpunkt aufgewertet wird, der eine neue politische Perspektive eröffnet. Die ganze Richtung der Aufmerksamkeit verschiebt sich gegenüber jenen älteren Politisierungen von 'Natur': Erstens konzen-triert sich die grüne Kritik zunächst auf einen anderen Gegenstand - nicht auf den Schutz von 'Natur' und nicht auf die im industriellen Normalbetrieb mitlaufenden, erst kumulativ wirksamen Schädigungen, sondern auf die Möglichkeit katastrophaler Schäden, zuallererst: auf die möglichen Nebenfolgen der (im älteren Naturschutz oft positiv bewerteten) AKW-Technik. Ein Teil des zu lösenden Rätsels lautet hier: Wie kann sich eine Partei stabilisieren, für die der Ausstieg aus der AKW-Technik die einzige nicht verhandelbare Frage darstellt? Zweitens bedeutet diese Art, den katastrophalen Schaden zum Modell zu erheben, nicht nur einen zugespitzten Hinweis auf ein technisches Einzelproblem. Sie bricht rhetorisch mit einem zentralen 'industriegesellschaftlichen' Legitimationsmuster, das drohende Schäden als kalkulierbar, durch Versicherungslösungen aufzufangen und letztlich im Namen kollektiv geteilter Ziele hinzunehmen begreift. (Ein Zeichen dafür, wie sehr das zeitgenössische Beobachter irritierte: Auch der Systemtheoretiker Luhmann beklagt nun, dass "die Bedingungen unterstellbaren Konsenses und kommunikativer Verständigung gesprengt werden". ) Drittens bleibt die 'grüne' Politik eben nicht auf die Themen Technik und 'Natur' begrenzt, sondern betreibt eine zuvor kaum denkbare Verknüpfung der Themen 'Technik', 'Krieg' und 'Geschlecht', die nun gemeinsam zu Gegenständen der Aufmerksamkeit werden; die Entstehung des grünen Deutungsmusters ist auch die Entstehung eines neuen Klassifikationsschemas politischer Probleme. Eine weitere Frage lautet also: Wie kommt es zu der Vorstellung, dass diese Themen eng zusammengehören?
Zugleich zeigt sich ein neuer Verlust an Aufmerksamkeit. Gut erkennen lässt sich das zunächst bei den heutigen Grünen-Wählern. Zwar ordnet sich dieses Politikmuster - abgesehen von einem kurzen Zwischenspiel in der Parteigründungsphase - eindeutig dem 'linken' Teil des politischen Spektrums zu. In Umfragen fällt aber auf, dass "gerade Sympathisanten der Grünen und des Postmaterialismus am wenigsten der Auffassung zustimmen können, dass das gesellschaftliche Fortkommen in erster Linie von Herkunft und Besitz abhängt". Gewiss führte die Partei in ih
Vorwort
Die Existenz einer 'grünen' politischen Option scheint heute selbstver-ständlich; wer andere Parteien wählt, hält es doch für normal, dass es auch grüne Parteien gibt. Dennoch bedeutet die Entstehung dieser grünen Politik einen tiefgreifenden, durchaus unwahrscheinlichen Wandel der politischen Kultur, für den eine plausible Erklärung immer noch aussteht. Das gilt gerade auch für den Fall der alten Bundesrepublik. Die Organisationsgeschichte der grünen Partei, einschließlich ihrer Gründungsgeschichte, ist zwar gut erforscht. Die Frage bleibt aber: Wie konnten sich eigentlich die kulturellen Voraussetzungen bilden, die dann auch die Gründung einer solchen Organisation sinnvoll und wertvoll erscheinen ließen? Wie kam es zu dem tieferen Einverständnis, das eine enge Kooperation zwischen Gruppen erlaubte, die untereinander höchst zerstritten schienen? Hier lohnt es sich, nochmals jene 'neulinke' Protestbewegung in den Blick zu nehmen, die in den 60er Jahren in Gang kommt und über die Mitte der 80er Jahre hinaus andauert; das 'grüne' Deutungsmuster wurde wesentlich durch die Eigendynamik dieser Protestbewegung hervorgebracht. Darum bietet die Untersuchung dieses Falls auch Gelegenheit, ein Set sozialer Mechanismen genauer zu begreifen, die auch in anderen Fällen einen kulturellen Wandel antreiben, mit dem so nicht zu rechnen gewesen wäre.
Denn das 'grüne' Muster unterscheidet sich deutlich vom Programm eines 'Naturschutzes' wie auch von der damals neuen sozialliberalen Um-weltpolitik . Der Unterschied liegt nicht bloß darin, dass das 'Grüne' nun zu einem eigenen Standpunkt aufgewertet wird, der eine neue politische Perspektive eröffnet. Die ganze Richtung der Aufmerksamkeit verschiebt sich gegenüber jenen älteren Politisierungen von 'Natur': Erstens konzen-triert sich die grüne Kritik zunächst auf einen anderen Gegenstand - nicht auf den Schutz von 'Natur' und nicht auf die im industriellen Normalbetrieb mitlaufenden, erst kumulativ wirksamen Schädigungen, sondern auf die Möglichkeit katastrophaler Schäden, zuallererst: auf die möglichen Nebenfolgen der (im älteren Naturschutz oft positiv bewerteten) AKW-Technik. Ein Teil des zu lösenden Rätsels lautet hier: Wie kann sich eine Partei stabilisieren, für die der Ausstieg aus der AKW-Technik die einzige nicht verhandelbare Frage darstellt? Zweitens bedeutet diese Art, den katastrophalen Schaden zum Modell zu erheben, nicht nur einen zugespitzten Hinweis auf ein technisches Einzelproblem. Sie bricht rhetorisch mit einem zentralen 'industriegesellschaftlichen' Legitimationsmuster, das drohende Schäden als kalkulierbar, durch Versicherungslösungen aufzufangen und letztlich im Namen kollektiv geteilter Ziele hinzunehmen begreift. (Ein Zeichen dafür, wie sehr das zeitgenössische Beobachter irritierte: Auch der Systemtheoretiker Luhmann beklagt nun, dass "die Bedingungen unterstellbaren Konsenses und kommunikativer Verständigung gesprengt werden". ) Drittens bleibt die 'grüne' Politik eben nicht auf die Themen Technik und 'Natur' begrenzt, sondern betreibt eine zuvor kaum denkbare Verknüpfung der Themen 'Technik', 'Krieg' und 'Geschlecht', die nun gemeinsam zu Gegenständen der Aufmerksamkeit werden; die Entstehung des grünen Deutungsmusters ist auch die Entstehung eines neuen Klassifikationsschemas politischer Probleme. Eine weitere Frage lautet also: Wie kommt es zu der Vorstellung, dass diese Themen eng zusammengehören?
Zugleich zeigt sich ein neuer Verlust an Aufmerksamkeit. Gut erkennen lässt sich das zunächst bei den heutigen Grünen-Wählern. Zwar ordnet sich dieses Politikmuster - abgesehen von einem kurzen Zwischenspiel in der Parteigründungsphase - eindeutig dem 'linken' Teil des politischen Spektrums zu. In Umfragen fällt aber auf, dass "gerade Sympathisanten der Grünen und des Postmaterialismus am wenigsten der Auffassung zustimmen können, dass das gesellschaftliche Fortkommen in erster Linie von Herkunft und Besitz abhängt". Gewiss führte die Partei in ih
Details
Erscheinungsjahr: 2014
Genre: Recht, Sozialwissenschaften, Wirtschaft
Medium: Taschenbuch
Inhalt: 383 S.
ISBN-13: 9783593394176
ISBN-10: 3593394170
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Pettenkofer, Andreas
Auflage: 1/2014
campus verlag: Campus Verlag
Verantwortliche Person für die EU: Campus Verlag GmbH, Werderstr. 10, D-69469 Weinheim, info@campus.de
Maße: 213 x 141 x 24 mm
Von/Mit: Andreas Pettenkofer
Erscheinungsdatum: 10.09.2014
Gewicht: 0,481 kg
Artikel-ID: 107176626
Details
Erscheinungsjahr: 2014
Genre: Recht, Sozialwissenschaften, Wirtschaft
Medium: Taschenbuch
Inhalt: 383 S.
ISBN-13: 9783593394176
ISBN-10: 3593394170
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Pettenkofer, Andreas
Auflage: 1/2014
campus verlag: Campus Verlag
Verantwortliche Person für die EU: Campus Verlag GmbH, Werderstr. 10, D-69469 Weinheim, info@campus.de
Maße: 213 x 141 x 24 mm
Von/Mit: Andreas Pettenkofer
Erscheinungsdatum: 10.09.2014
Gewicht: 0,481 kg
Artikel-ID: 107176626
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