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Einleitung: Ökonomisierung und Moral
Das ökonomische Handeln wird in modernen Gesellschaften sowohl durch verbindliche Rechtsnormen als auch durch kollektive Wertvorstellungen und informelle Verhaltensvorschriften strukturiert. Hersteller müssen nicht nur Arbeitsstandards und Umweltschutzauflagen einhalten, sondern ebenso Konventionen und Anstandsregeln beachten. Der Konsum steht ebenfalls in enger Wechselwirkung zu sozialen und kulturellen Wertvorstellungen: Welche Produkte und Dienstleistungen erworben und konsumiert werden, hängt unter anderem auch davon ab, was innerhalb des Sozialverbandes als angemessen und wünschenswert erachtet wird.
Die begrenzende Wirkung kollektiver (Ideal-)Vorstellungen auf den ökonomischen Handlungsspielraum von Akteuren zeigt sich insbesondere bei moralisch problematischen Produkten und Dienstleistungen. Beim Markttausch von Gütern, die als schützenswert, anrüchig oder gefährlich eingestuft werden, geraten ökonomische Anforderungen und moralische Vorstellungen regelmäßig in Konflikt. Daher unterliegt der Handel mit derartigen Produkten häufig speziellen Einschränkungen. Wirtschaftsakteure, die etwa mit Lebensmitteln spekulieren, erotische Dienstleistungen anbieten oder Waffen produzieren, müssen deshalb besondere Strategien anwenden, um ihr Handeln zu legitimieren und ihre ökonomischen Ziele verfolgen zu können.
In modernen kapitalistischen Ökonomien stehen wirtschaftliche Anforderungen und moralische Vorstellungen folglich in einem Spannungsverhältnis zueinander. Aufgrund dieser Verbindung wirkt sich der Wandel sozialer Werte auch auf das ökonomische Handeln aus. Wirtschaftliche Veränderungen, etwa die Entstehung neuer Märkte, sind daher oft durch moralischen Wandel bedingt. In Deutschland veränderte sich das Konsumverhalten seit der Nachkriegszeit insbesondere infolge von Säkularisierungs-, Individualisierungs und Enttraditionalisierungsprozessen. Die lange Zeit vorherrschende Gebrauchsnutzenorientierung verlor zugunsten einer stärkeren Genuss- und Erlebnisorientierung zunehmend an Bedeutung. Dadurch wandelten sich allmählich auch die Konsumgewohnheiten und das Kaufverhalten (Stihler 1998). Wegen dieser engen Verknüpfung von Ökonomie und Moral muss bei der Analyse wirtschaftlicher Veränderungen der mögliche Einfluss gewandelter Wertvorstellungen als Erklärungsfaktor stets einbezogen werden.
Als zentrale Entwicklungstendenz des wirtschaftlichen Wandels ist in vielen industrialisierten Ländern seit den 1970er-Jahren eine Zunahme effizienz- und rentabilitätsorientierten Handelns innerhalb und außerhalb der Ökonomie zu verzeichnen. Dieser zumeist als "Ökonomisierung" bezeichnete Prozess der Ausweitung von Wettbewerbsbeziehungen manifestiert sich mittlerweile in fast allen Wirtschafts- und Gesellschaftsbereichen sowohl auf politischer als auch auf organisationaler und individueller Ebene. Die soziologische Forschung hat sich dieser Thematik verstärkt seit den 1990er-Jahren in Analysen einzelner Branchen und Märkte angenommen. Untersucht wurden sowohl die Ursachen als auch die Verlaufsformen und Folgen dieses Entwicklungstrends. In der Soziologie werden Ökonomisierungsdynamiken üblicherweise aus dem Zusammenspiel von ideologischen und wirtschaftlichen Veränderungen erklärt. Wie sich im Verlauf dieser Arbeit herausstellen wird, gehen die existierenden Forschungsarbeiten von der Annahme aus, dass die jüngste Ausweitung von Marktbeziehungen durch gewandelte wirtschaftliche Kontextbedingungen sowie Modifikationen der politischen und unternehmerischen Leitbilder ausgelöst wurde.
Obwohl die beiden genannten Ursachen zweifellos zur Herausbildung des zeitgenössischen Ökonomisierungstrends beigetragen haben, weist dieses Erklärungsmodell zwei bedeutende Defizite auf. Zum einen setzt es ausschließlich bei den Unternehmen und der politischen Regulierung an, während die Seite der Konsumenten unbeachtet bleibt. Folglich kann dieses Theoriemodell die Ursachen und Wirkungen veränderter
Einleitung: Ökonomisierung und Moral
Das ökonomische Handeln wird in modernen Gesellschaften sowohl durch verbindliche Rechtsnormen als auch durch kollektive Wertvorstellungen und informelle Verhaltensvorschriften strukturiert. Hersteller müssen nicht nur Arbeitsstandards und Umweltschutzauflagen einhalten, sondern ebenso Konventionen und Anstandsregeln beachten. Der Konsum steht ebenfalls in enger Wechselwirkung zu sozialen und kulturellen Wertvorstellungen: Welche Produkte und Dienstleistungen erworben und konsumiert werden, hängt unter anderem auch davon ab, was innerhalb des Sozialverbandes als angemessen und wünschenswert erachtet wird.
Die begrenzende Wirkung kollektiver (Ideal-)Vorstellungen auf den ökonomischen Handlungsspielraum von Akteuren zeigt sich insbesondere bei moralisch problematischen Produkten und Dienstleistungen. Beim Markttausch von Gütern, die als schützenswert, anrüchig oder gefährlich eingestuft werden, geraten ökonomische Anforderungen und moralische Vorstellungen regelmäßig in Konflikt. Daher unterliegt der Handel mit derartigen Produkten häufig speziellen Einschränkungen. Wirtschaftsakteure, die etwa mit Lebensmitteln spekulieren, erotische Dienstleistungen anbieten oder Waffen produzieren, müssen deshalb besondere Strategien anwenden, um ihr Handeln zu legitimieren und ihre ökonomischen Ziele verfolgen zu können.
In modernen kapitalistischen Ökonomien stehen wirtschaftliche Anforderungen und moralische Vorstellungen folglich in einem Spannungsverhältnis zueinander. Aufgrund dieser Verbindung wirkt sich der Wandel sozialer Werte auch auf das ökonomische Handeln aus. Wirtschaftliche Veränderungen, etwa die Entstehung neuer Märkte, sind daher oft durch moralischen Wandel bedingt. In Deutschland veränderte sich das Konsumverhalten seit der Nachkriegszeit insbesondere infolge von Säkularisierungs-, Individualisierungs und Enttraditionalisierungsprozessen. Die lange Zeit vorherrschende Gebrauchsnutzenorientierung verlor zugunsten einer stärkeren Genuss- und Erlebnisorientierung zunehmend an Bedeutung. Dadurch wandelten sich allmählich auch die Konsumgewohnheiten und das Kaufverhalten (Stihler 1998). Wegen dieser engen Verknüpfung von Ökonomie und Moral muss bei der Analyse wirtschaftlicher Veränderungen der mögliche Einfluss gewandelter Wertvorstellungen als Erklärungsfaktor stets einbezogen werden.
Als zentrale Entwicklungstendenz des wirtschaftlichen Wandels ist in vielen industrialisierten Ländern seit den 1970er-Jahren eine Zunahme effizienz- und rentabilitätsorientierten Handelns innerhalb und außerhalb der Ökonomie zu verzeichnen. Dieser zumeist als "Ökonomisierung" bezeichnete Prozess der Ausweitung von Wettbewerbsbeziehungen manifestiert sich mittlerweile in fast allen Wirtschafts- und Gesellschaftsbereichen sowohl auf politischer als auch auf organisationaler und individueller Ebene. Die soziologische Forschung hat sich dieser Thematik verstärkt seit den 1990er-Jahren in Analysen einzelner Branchen und Märkte angenommen. Untersucht wurden sowohl die Ursachen als auch die Verlaufsformen und Folgen dieses Entwicklungstrends. In der Soziologie werden Ökonomisierungsdynamiken üblicherweise aus dem Zusammenspiel von ideologischen und wirtschaftlichen Veränderungen erklärt. Wie sich im Verlauf dieser Arbeit herausstellen wird, gehen die existierenden Forschungsarbeiten von der Annahme aus, dass die jüngste Ausweitung von Marktbeziehungen durch gewandelte wirtschaftliche Kontextbedingungen sowie Modifikationen der politischen und unternehmerischen Leitbilder ausgelöst wurde.
Obwohl die beiden genannten Ursachen zweifellos zur Herausbildung des zeitgenössischen Ökonomisierungstrends beigetragen haben, weist dieses Erklärungsmodell zwei bedeutende Defizite auf. Zum einen setzt es ausschließlich bei den Unternehmen und der politischen Regulierung an, während die Seite der Konsumenten unbeachtet bleibt. Folglich kann dieses Theoriemodell die Ursachen und Wirkungen veränderter
Erscheinungsjahr: | 2013 |
---|---|
Medium: | Taschenbuch |
Titelzusatz: | Der Wandel des Bestattungsmarkts in Deutschland, Schriften des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung Köln 76, Schriften aus dem MPI für Gesellschaftsforschung 76 |
Inhalt: | 239 S. |
ISBN-13: | 9783593398785 |
ISBN-10: | 3593398788 |
Sprache: | Deutsch |
Einband: | Paperback |
Autor: | Akyel, Dominic |
Auflage: | 1/2013 |
campus verlag: | Campus Verlag |
Maße: | 213 x 141 x 16 mm |
Von/Mit: | Dominic Akyel |
Erscheinungsdatum: | 16.05.2013 |
Gewicht: | 0,308 kg |
Erscheinungsjahr: | 2013 |
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Medium: | Taschenbuch |
Titelzusatz: | Der Wandel des Bestattungsmarkts in Deutschland, Schriften des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung Köln 76, Schriften aus dem MPI für Gesellschaftsforschung 76 |
Inhalt: | 239 S. |
ISBN-13: | 9783593398785 |
ISBN-10: | 3593398788 |
Sprache: | Deutsch |
Einband: | Paperback |
Autor: | Akyel, Dominic |
Auflage: | 1/2013 |
campus verlag: | Campus Verlag |
Maße: | 213 x 141 x 16 mm |
Von/Mit: | Dominic Akyel |
Erscheinungsdatum: | 16.05.2013 |
Gewicht: | 0,308 kg |