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Nationalsozialistischer Märtyrerkult
Sakralisierte Politik und Christentum im westfälischen Ruhrgebiet (1929-1939), Religion und Moderne 9
Taschenbuch von Sarah Thieme
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
I.Einleitung"Man kann den moralischen Wert einer Idee, einer Bewegung, messen an der Art, wie sie ihre Märtyrer ehrt, und die Anteilnahme von Fernstehenden ist der spre-chendste Beweis für die Resonanz, die diese Idee im Volke hat."Mit diesem Satz leitete die nationalsozialistische National-Zeitung ihren Be-richt über die Beisetzung des verstorbenen SA-Mannes Wilhelm Sengotta aus Dortmund-Wickede im Februar 1932 ein. Der 21-jährige Schlosser hatte sich gemeinsam mit einigen Sturmkameraden auf dem Heimweg von seinem SA-Dienst befunden, als sie in einen kommunistischen Hinterhalt gerieten. Dabei sei Sengotta erschossen worden. Das vorangestellte Zitat verweist auf die hohe Bedeutung, die die lokale NS-Bewegung in Dortmund der von ihr praktizierten Märtyrerverehrung zusprach: Erst wenn diese, wie im Falle des verstorbenen Sengotta, gelang, wurde der hohe "moralische Wert" der eigenen Weltanschauung sichtbar, für die sich der Tote vermeintlich geopfert hatte. Die 'gelungene' Märtyrerverehrung umfasste in Wickede eine groß inszenierte Aufbahrung und Beisetzungsfeier unter Beteiligung eines evangelischen Geistlichen mit etwa 3.000 Teilnehmern. Überdies wurde der SA-Sturm 7/I/98 dem Namen des Verstorbenen geweiht. Außerdem wurde in den Jahren nach der sogenannten NS-"Machtergreifung" eine Dortmunder Straße nach ihm benannt, ein Gedenkstein am vermeintlichen Tatort errichtet und eingeweiht sowie jährlich wiederkehrende Gedenkfeiern an seinem Todestag [...] nationalsozialistische Selbstbeschreibung ist Ausgangspunkt für die vorliegende Studie, die den nationalsozialistischen Märtyrerkult analy-siert. Unter einem Kult ist die "Gesamtheit religiöser Praxis im Umgang mit 'spirituellen' oder mit besonderen Zuschreibungen versehenen We-sen" sowie Verehrungshandlungen gegenüber Menschen mit "numinosen Qualitäten" zu verstehen. Wesentliche Bestandteile eines Kultes sind nach der Religionswissenschaftlerin Dorothea Baudy folgende: Mythenerzäh-lungen und -inszenierungen sowie alle Formen religiösen Verhaltens, ins-besondere Rituale, deren Ausübung häufig an heilige Stätten und heilige Zeiten gebunden ist. "Im Kultakt konstituieren sich die Teilnehmer als zusammengehörige, aber hierarchisch differenzierte Gemeinde." In ihren (auch sprachlichen) Handlungen entwerfen sie "die Vorstellungen, die sie sich vom Adressaten ihres Kultes [...] machen". Émile Durkheim hält pointiert fest, dass ein Kult aus Überzeugungen und Ritualen besteht. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich folglich mit der posthumen mythischen Konstruktion von SA- und SS-Männern als "Märtyrer der Bewegung" und deren praktischer Verehrung durch kultische Handlungen sowie die eingesetzten Sakralisierungsstrategien durch die nationalsozialistische Bewegung in den Jahren [...] der Untersuchung ist es, einen religionsgeschichtlichen Beitrag zur Charakterisierung regionaler NS-Bewegungen zu leisten. Gefragt wird nach der Erzeugung von spezifischem commitment , das heißt der besonde-ren Hingabe, der hohen Motivation und Begeisterungsfähigkeit ihrer Akti-visten. Spezifische Bedeutung wächst dem commitment der Akteure sozialer Bewegung zu, da jene "keine anderen Ressourcen [besitzen] um ihre Akteure langfristig an sich zu binden, und zu motivieren, als das zu tun, was die Individuen und Einzelgruppen in der Bewegung wünschen und wollen. Deren Engagement müssen sie über inneres commitment erlangen." Um den freiwilligen Einsatz ihrer Anhänger, der das entscheidende Kapitel sozialer Bewegungen darstellt, zu produzieren und zu erhalten, wird in der Handlungspraxis sozialer Bewegungen, laut Dieter Rucht und Friedhelm Neidhardt, commitment verlangt und bekräftigt. Zudem werden Motive und Interessen der Akteure eingebunden. Dementsprechend beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit Motivationen, kollektiven Identitätsstiftungsangeboten und der Integration der nationalsozialistischen Bewegungsmitglieder. Zentrale Ausgangsüberlegung ist dabei, dass sakrale Elemente
I.Einleitung"Man kann den moralischen Wert einer Idee, einer Bewegung, messen an der Art, wie sie ihre Märtyrer ehrt, und die Anteilnahme von Fernstehenden ist der spre-chendste Beweis für die Resonanz, die diese Idee im Volke hat."Mit diesem Satz leitete die nationalsozialistische National-Zeitung ihren Be-richt über die Beisetzung des verstorbenen SA-Mannes Wilhelm Sengotta aus Dortmund-Wickede im Februar 1932 ein. Der 21-jährige Schlosser hatte sich gemeinsam mit einigen Sturmkameraden auf dem Heimweg von seinem SA-Dienst befunden, als sie in einen kommunistischen Hinterhalt gerieten. Dabei sei Sengotta erschossen worden. Das vorangestellte Zitat verweist auf die hohe Bedeutung, die die lokale NS-Bewegung in Dortmund der von ihr praktizierten Märtyrerverehrung zusprach: Erst wenn diese, wie im Falle des verstorbenen Sengotta, gelang, wurde der hohe "moralische Wert" der eigenen Weltanschauung sichtbar, für die sich der Tote vermeintlich geopfert hatte. Die 'gelungene' Märtyrerverehrung umfasste in Wickede eine groß inszenierte Aufbahrung und Beisetzungsfeier unter Beteiligung eines evangelischen Geistlichen mit etwa 3.000 Teilnehmern. Überdies wurde der SA-Sturm 7/I/98 dem Namen des Verstorbenen geweiht. Außerdem wurde in den Jahren nach der sogenannten NS-"Machtergreifung" eine Dortmunder Straße nach ihm benannt, ein Gedenkstein am vermeintlichen Tatort errichtet und eingeweiht sowie jährlich wiederkehrende Gedenkfeiern an seinem Todestag [...] nationalsozialistische Selbstbeschreibung ist Ausgangspunkt für die vorliegende Studie, die den nationalsozialistischen Märtyrerkult analy-siert. Unter einem Kult ist die "Gesamtheit religiöser Praxis im Umgang mit 'spirituellen' oder mit besonderen Zuschreibungen versehenen We-sen" sowie Verehrungshandlungen gegenüber Menschen mit "numinosen Qualitäten" zu verstehen. Wesentliche Bestandteile eines Kultes sind nach der Religionswissenschaftlerin Dorothea Baudy folgende: Mythenerzäh-lungen und -inszenierungen sowie alle Formen religiösen Verhaltens, ins-besondere Rituale, deren Ausübung häufig an heilige Stätten und heilige Zeiten gebunden ist. "Im Kultakt konstituieren sich die Teilnehmer als zusammengehörige, aber hierarchisch differenzierte Gemeinde." In ihren (auch sprachlichen) Handlungen entwerfen sie "die Vorstellungen, die sie sich vom Adressaten ihres Kultes [...] machen". Émile Durkheim hält pointiert fest, dass ein Kult aus Überzeugungen und Ritualen besteht. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich folglich mit der posthumen mythischen Konstruktion von SA- und SS-Männern als "Märtyrer der Bewegung" und deren praktischer Verehrung durch kultische Handlungen sowie die eingesetzten Sakralisierungsstrategien durch die nationalsozialistische Bewegung in den Jahren [...] der Untersuchung ist es, einen religionsgeschichtlichen Beitrag zur Charakterisierung regionaler NS-Bewegungen zu leisten. Gefragt wird nach der Erzeugung von spezifischem commitment , das heißt der besonde-ren Hingabe, der hohen Motivation und Begeisterungsfähigkeit ihrer Akti-visten. Spezifische Bedeutung wächst dem commitment der Akteure sozialer Bewegung zu, da jene "keine anderen Ressourcen [besitzen] um ihre Akteure langfristig an sich zu binden, und zu motivieren, als das zu tun, was die Individuen und Einzelgruppen in der Bewegung wünschen und wollen. Deren Engagement müssen sie über inneres commitment erlangen." Um den freiwilligen Einsatz ihrer Anhänger, der das entscheidende Kapitel sozialer Bewegungen darstellt, zu produzieren und zu erhalten, wird in der Handlungspraxis sozialer Bewegungen, laut Dieter Rucht und Friedhelm Neidhardt, commitment verlangt und bekräftigt. Zudem werden Motive und Interessen der Akteure eingebunden. Dementsprechend beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit Motivationen, kollektiven Identitätsstiftungsangeboten und der Integration der nationalsozialistischen Bewegungsmitglieder. Zentrale Ausgangsüberlegung ist dabei, dass sakrale Elemente
Details
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Geisteswissenschaften, Geschichte, Kunst, Musik
Jahrhundert: 20. Jahrhundert
Rubrik: Geisteswissenschaften
Medium: Taschenbuch
Inhalt: 546 S.
ISBN-13: 9783593508085
ISBN-10: 3593508087
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Thieme, Sarah
Auflage: 1/2017
campus verlag: Campus Verlag
Verantwortliche Person für die EU: Campus Verlag GmbH, Werderstr. 10, D-69469 Weinheim, info@campus.de
Maße: 213 x 140 x 32 mm
Von/Mit: Sarah Thieme
Erscheinungsdatum: 17.08.2017
Gewicht: 0,671 kg
Artikel-ID: 109575868
Details
Erscheinungsjahr: 2017
Genre: Geisteswissenschaften, Geschichte, Kunst, Musik
Jahrhundert: 20. Jahrhundert
Rubrik: Geisteswissenschaften
Medium: Taschenbuch
Inhalt: 546 S.
ISBN-13: 9783593508085
ISBN-10: 3593508087
Sprache: Deutsch
Einband: Paperback
Autor: Thieme, Sarah
Auflage: 1/2017
campus verlag: Campus Verlag
Verantwortliche Person für die EU: Campus Verlag GmbH, Werderstr. 10, D-69469 Weinheim, info@campus.de
Maße: 213 x 140 x 32 mm
Von/Mit: Sarah Thieme
Erscheinungsdatum: 17.08.2017
Gewicht: 0,671 kg
Artikel-ID: 109575868
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