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Scheitern an Kontingenz
Politisches Denken in der Weimarer Republik
Buch von Michael G Festl
Sprache: Deutsch

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Beschreibung
Vorwort
Wo denn die Parallelen zwischen der Weimarer Zeit und heute liegen, war die Frage, die mir am häufigsten gestellt wurde, während ich an dem vorliegenden Projekt arbeitete. Meist ging diese Frage mit einer pessimistischen Erwartung einher, wonach vordringlich sei, dass auch wir heute in einer gefährdeten Zeit leben würden, auf einer demokratisch abschüssigen Bahn. In der Tat drängen sich einige negative Parallelen auf - steigender Nationalismus und der Aufstieg autokratischer Herrscher als die wohl vordringendsten. Doch unter der Annahme, dass wir unser politisch-gesellschaftliches Schicksal selbst in der Hand haben, gibt es keine Notwendigkeit, sich auf die zweifellos vorhandenen negativen Parallelen zu versteifen. Dies erst recht, wo doch eine der offensichtlichsten Parallelen darin besteht, dass damals wie heute der Glaube Konjunktur hatte, der Liberalismus - verstanden als das Vertrauen auf eine freiheitliche Rechtsordnung, auf das fruchtbare Zusammenspiel emanzipierter Intelligenzen und auf die universale Verbesserungsfähigkeit des Menschen - habe seine besten Tage hinter sich. Dem war, obwohl dem Liberalismus in Weimar, wie wir im Folgenden sehen werden, immer wieder die Todesmesse gelesen wurde, nicht so. Wie wir heute wissen, hatte er zur Zeit der ersten gesamtdeutschen Republik, eine seiner stärksten Phasen erst noch vor sich. Den weitverbreiteten Glauben an den Untergang des Liberalismus ein weiteres Mal zu falsifizieren, scheint mir heute unsere wichtigste Aufgabe zu sein, mit dem Unterschied, dass es dieses Mal gelingen muss, ohne davor einen Weltkrieg zu durchleben. Mein Ziel für die nächsten Jahre wird daher darin bestehen, mit publizistischen Mitteln dazu beizutragen, den Liberalismus zu revitalisierten.
Das Projekt, das ich hier präsentiere, ist die gekürzte Fassung meiner Habilitationsschrift, die im Jahr 2017 von der School of Humanities and Social Sciences der Universität St. Gallen angenommen wurde. Für hilfreiche Anregungen danke ich den Gutachtern Martin Hartmann, Caspar Hirschi, Philip Kitcher, und Michael Quante. Der wichtigste akademische Dank geht wie schon bei meiner Dissertation an Dieter Thomä. Ohne seine kritischen Interventionen und klugen Ratschläge hätte ich dieses Projekt nicht zur Publikationsreife treiben können. Der Dank an meine Frau und geistige Sparringspartnerin Diana geht über das hinaus, was ich mit Buchstaben auszudrücken vermag.

Steisslingen, 10. August 2018
Der Erste Weltkrieg als deutscher Kontingenzschock und die Rolle der Demokratie
Mehr noch als der Zweite löste der Erste Weltkrieg einen mentalitätsgeschichtlichen Schock aus. Dieser Krieg, von den Zeitgenossen als der Große tituliert, "zerbrach de[n] geschichtsphilosophische[n] Optimismus, der das 19. Jahrhundert hindurch vorgeherrscht hatte" (Münkler 2013: 795) und markierte den "Anfang vom Ende des bürgerlichen Zeitalters" (Mommsen 2004, Untertitel). Gerade auch für viele Intellektuelle war vor dem Krieg das Gefühl entstanden, die Menschheit wandle auf einem Pfad des gesellschaftlichen Fortschritts, ein Pfad, der sowohl ökonomisch als auch politisch nur eine Richtung kennt: aufwärts. "Die junge Generation spürt die 'Sekurität' und blickt erwartungsvoll in die Zukunft", lässt Kiesel über diejenigen verlauten, die in der letzten Dekade des 19. Jahrhunderts geboren wurden (2007/2009: 20). Stefan Zweig, Jahrgang 1881, beschreibt das Lebensgefühl vor 1914 mit den Worten:
"Wenn ich versuche, für die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, in der ich aufgewachsen bin, eine handliche Formel zu finden, so hoffe ich am prägnantesten zu sein, wenn ich sage: es war das goldene Zeitalter der Sicherheit. [...] Jeder wusste, wieviel er besaß oder wieviel ihm zukam, was erlaubt und was verboten war. Alles hatte seine Norm, sein bestimmtes Maß und Gewicht. Wer ein Vermögen besaß, konnte genau errechnen, wieviel an Zinsen es alljährlich zubrachte, der Beamte, der Offizier wiederum fand im Kalender verlässlich das Jahr, in dem er avancieren wer
Vorwort
Wo denn die Parallelen zwischen der Weimarer Zeit und heute liegen, war die Frage, die mir am häufigsten gestellt wurde, während ich an dem vorliegenden Projekt arbeitete. Meist ging diese Frage mit einer pessimistischen Erwartung einher, wonach vordringlich sei, dass auch wir heute in einer gefährdeten Zeit leben würden, auf einer demokratisch abschüssigen Bahn. In der Tat drängen sich einige negative Parallelen auf - steigender Nationalismus und der Aufstieg autokratischer Herrscher als die wohl vordringendsten. Doch unter der Annahme, dass wir unser politisch-gesellschaftliches Schicksal selbst in der Hand haben, gibt es keine Notwendigkeit, sich auf die zweifellos vorhandenen negativen Parallelen zu versteifen. Dies erst recht, wo doch eine der offensichtlichsten Parallelen darin besteht, dass damals wie heute der Glaube Konjunktur hatte, der Liberalismus - verstanden als das Vertrauen auf eine freiheitliche Rechtsordnung, auf das fruchtbare Zusammenspiel emanzipierter Intelligenzen und auf die universale Verbesserungsfähigkeit des Menschen - habe seine besten Tage hinter sich. Dem war, obwohl dem Liberalismus in Weimar, wie wir im Folgenden sehen werden, immer wieder die Todesmesse gelesen wurde, nicht so. Wie wir heute wissen, hatte er zur Zeit der ersten gesamtdeutschen Republik, eine seiner stärksten Phasen erst noch vor sich. Den weitverbreiteten Glauben an den Untergang des Liberalismus ein weiteres Mal zu falsifizieren, scheint mir heute unsere wichtigste Aufgabe zu sein, mit dem Unterschied, dass es dieses Mal gelingen muss, ohne davor einen Weltkrieg zu durchleben. Mein Ziel für die nächsten Jahre wird daher darin bestehen, mit publizistischen Mitteln dazu beizutragen, den Liberalismus zu revitalisierten.
Das Projekt, das ich hier präsentiere, ist die gekürzte Fassung meiner Habilitationsschrift, die im Jahr 2017 von der School of Humanities and Social Sciences der Universität St. Gallen angenommen wurde. Für hilfreiche Anregungen danke ich den Gutachtern Martin Hartmann, Caspar Hirschi, Philip Kitcher, und Michael Quante. Der wichtigste akademische Dank geht wie schon bei meiner Dissertation an Dieter Thomä. Ohne seine kritischen Interventionen und klugen Ratschläge hätte ich dieses Projekt nicht zur Publikationsreife treiben können. Der Dank an meine Frau und geistige Sparringspartnerin Diana geht über das hinaus, was ich mit Buchstaben auszudrücken vermag.

Steisslingen, 10. August 2018
Der Erste Weltkrieg als deutscher Kontingenzschock und die Rolle der Demokratie
Mehr noch als der Zweite löste der Erste Weltkrieg einen mentalitätsgeschichtlichen Schock aus. Dieser Krieg, von den Zeitgenossen als der Große tituliert, "zerbrach de[n] geschichtsphilosophische[n] Optimismus, der das 19. Jahrhundert hindurch vorgeherrscht hatte" (Münkler 2013: 795) und markierte den "Anfang vom Ende des bürgerlichen Zeitalters" (Mommsen 2004, Untertitel). Gerade auch für viele Intellektuelle war vor dem Krieg das Gefühl entstanden, die Menschheit wandle auf einem Pfad des gesellschaftlichen Fortschritts, ein Pfad, der sowohl ökonomisch als auch politisch nur eine Richtung kennt: aufwärts. "Die junge Generation spürt die 'Sekurität' und blickt erwartungsvoll in die Zukunft", lässt Kiesel über diejenigen verlauten, die in der letzten Dekade des 19. Jahrhunderts geboren wurden (2007/2009: 20). Stefan Zweig, Jahrgang 1881, beschreibt das Lebensgefühl vor 1914 mit den Worten:
"Wenn ich versuche, für die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, in der ich aufgewachsen bin, eine handliche Formel zu finden, so hoffe ich am prägnantesten zu sein, wenn ich sage: es war das goldene Zeitalter der Sicherheit. [...] Jeder wusste, wieviel er besaß oder wieviel ihm zukam, was erlaubt und was verboten war. Alles hatte seine Norm, sein bestimmtes Maß und Gewicht. Wer ein Vermögen besaß, konnte genau errechnen, wieviel an Zinsen es alljährlich zubrachte, der Beamte, der Offizier wiederum fand im Kalender verlässlich das Jahr, in dem er avancieren wer
Details
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Recht, Sozialwissenschaften, Wirtschaft
Medium: Buch
Inhalt: 457 S.
ISBN-13: 9783593510248
ISBN-10: 3593510243
Sprache: Deutsch
Einband: Gebunden
Autor: Festl, Michael G
Auflage: 1/2019
campus verlag: Campus Verlag
Verantwortliche Person für die EU: Campus Verlag GmbH, Werderstr. 10, D-69469 Weinheim, info@campus.de
Maße: 220 x 154 x 32 mm
Von/Mit: Michael G Festl
Erscheinungsdatum: 10.01.2019
Gewicht: 0,663 kg
Artikel-ID: 114894587
Details
Erscheinungsjahr: 2019
Genre: Recht, Sozialwissenschaften, Wirtschaft
Medium: Buch
Inhalt: 457 S.
ISBN-13: 9783593510248
ISBN-10: 3593510243
Sprache: Deutsch
Einband: Gebunden
Autor: Festl, Michael G
Auflage: 1/2019
campus verlag: Campus Verlag
Verantwortliche Person für die EU: Campus Verlag GmbH, Werderstr. 10, D-69469 Weinheim, info@campus.de
Maße: 220 x 154 x 32 mm
Von/Mit: Michael G Festl
Erscheinungsdatum: 10.01.2019
Gewicht: 0,663 kg
Artikel-ID: 114894587
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