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Beschreibung
Im Dresdner Ortsteil Pieschen lebten vor dem britisch-amerikanischen Bombenangriff vor allem Arbeiter mit ihren Familien, die in den großen Fabriken auf dem Industriegelände, in den Randgebieten der Großstadt und im nahen Schlachthof jenseits der Elbe ihren Lohn verdienten. Die Folgen der Bombennacht vom 13. Februar 1945 ließen auch ein paar Leute aus den angeseheneren Stadtteilen - Striesen, Johannstadt oder Südvorstadt - nach Pieschen kommen. Sprach man jedoch davon, wo man in Dresden gern wohnen würde, so meinte man die Ortsteile Weißer Hirsch oder Blasewitz, die im Wesentlichen von den Bomben verschont geblieben waren und welche nach dem Dresdner Zwinger, der Gemäldegalerie, der Frauenkirche und anderer historischer Denkmale das Aushängeschild der Stadt waren.
Bettinas Eltern wohnten mit ihren drei Töchtern Carmen, Gudrun und Bettina in Pieschen in der Eisenberger Straße im dritten Stock. Das Haus klemmte in einer Reihe von Häusern zwischen zwei gleich hohen Gebäuden. Als sie gebaut wurden, polterten noch schwer beladene Pferdewagen über die Kopfsteinpflaster der Straße, die von breiten Bürgersteigen gesäumt war. Die älteren Leute nannten diese selbst in den fünfziger Jahren noch immer "Trottoir".
Auch auf der anderen Straßenseite drängten die Häuser aneinander. Da war kein Platz für einen zierenden Baum, keiner für einen Garten vor dem Haus. Nur Unkräuter lugten zwischen den breiten Gehwegplatten hier und da hervor; niemand nahm von ihnen Notiz. In der Nacht, in der große Teile Dresdens in Trümmern versanken, waren in Pieschen nur wenige Bomben gefallen - nur ein paar bald gelöschte verirrte Brennstäbe und hier und da eine kleine Sprengbombe. Die Eisenberger Straße sah noch lange nach dem Krieg so aus, wie sie vor ihm auch schon war: grau, proletarisch, hässlich, vernachlässigt, aber sauber. Sauber die Straße, sauber die Straßenrinne, sauber die Gehwegplatten. Dafür sorgten die Hausgemeinschaften, denen dafür ein kleiner Obolus in die Hausgemeinschaftskasse floss. Hausgemeinschaften - das war eine Erfindung der neuen Herren, der Kommunisten.
Zum Promenieren war die Eisenberger Straße so wenig gebaut worden wie die benachbarten Straßenzüge. Hier wohnte man. Die meisten Pieschener empfanden diese hundert Jahre alten Miethäuser als ihr Zuhause. Auch Bettinas Eltern, Klaus und Helga Herrmann - Herrmann mit zwei "r", selbstverständlich, wie Klaus hervorhob - waren zufrieden mit ihrer Wohnsituation. Andere hatte es viel schlimmer getroffen. Sie wohnten zur Untermiete, hausten in irgendeinem Zimmer, geduldet von den sogenannten Hauptmietern, gemocht von ihnen nur sehr selten.
Behaglich war die Herrmann'sche Wohnung nicht. Aber die Familie hatte eine, wenn sie ihr auch auf eine merkwürdige Weise zugesprochen worden war.
Das familiäre Leben fand in der Wohnküche statt. Hier thronte der Herd mit seinem Feuerloch und der Röhre, in der das Wasser fast immer lauwarm war. Neben dem Ofen hatte Klaus Herrmann eine Platte montiert. Auf ihr konnte man Teller und Töpfe abstellen. Sie aber war nur benutzbar, wenn der Abfluss nicht gebraucht wurde, denn die Platte deckte ihn ab. Sie enthielt ein kleines, genau gezirkeltes Loch, für den Fall, dass der Messing-Wasserhahn tropfte. Während des Krieges hatte der Hausbesitzer neben dem Herd einen Gaskocher mit zwei Flammen montieren lassen. Die Gasuhr, die das verbrauchte Gas zählte, hing im Hausflur und musste mit Groschen gefüttert werden, sonst gab es kein Gas. Allerdings hatte ein paar Jahre nach dem Krieg die neue Hausverwaltung die Groschenuhr durch einen Gaszähler ersetzt, der leider, so fanden Herrmanns, zu schnell und zu gründlich zählte. Mitunter überschritten sie die zugeteilte monatliche Menge, die für acht Pfennige je Kubikmeter zu haben war. Der Mehrbedarf aber war teuer, Gas war noch eine Zeit lang knapp. Aber auch diese war inzwischen vorüber. Herrmanns konnten so viel Gas verbrauchen, wie sie wollten. Es kostete nach wie
Bettinas Eltern wohnten mit ihren drei Töchtern Carmen, Gudrun und Bettina in Pieschen in der Eisenberger Straße im dritten Stock. Das Haus klemmte in einer Reihe von Häusern zwischen zwei gleich hohen Gebäuden. Als sie gebaut wurden, polterten noch schwer beladene Pferdewagen über die Kopfsteinpflaster der Straße, die von breiten Bürgersteigen gesäumt war. Die älteren Leute nannten diese selbst in den fünfziger Jahren noch immer "Trottoir".
Auch auf der anderen Straßenseite drängten die Häuser aneinander. Da war kein Platz für einen zierenden Baum, keiner für einen Garten vor dem Haus. Nur Unkräuter lugten zwischen den breiten Gehwegplatten hier und da hervor; niemand nahm von ihnen Notiz. In der Nacht, in der große Teile Dresdens in Trümmern versanken, waren in Pieschen nur wenige Bomben gefallen - nur ein paar bald gelöschte verirrte Brennstäbe und hier und da eine kleine Sprengbombe. Die Eisenberger Straße sah noch lange nach dem Krieg so aus, wie sie vor ihm auch schon war: grau, proletarisch, hässlich, vernachlässigt, aber sauber. Sauber die Straße, sauber die Straßenrinne, sauber die Gehwegplatten. Dafür sorgten die Hausgemeinschaften, denen dafür ein kleiner Obolus in die Hausgemeinschaftskasse floss. Hausgemeinschaften - das war eine Erfindung der neuen Herren, der Kommunisten.
Zum Promenieren war die Eisenberger Straße so wenig gebaut worden wie die benachbarten Straßenzüge. Hier wohnte man. Die meisten Pieschener empfanden diese hundert Jahre alten Miethäuser als ihr Zuhause. Auch Bettinas Eltern, Klaus und Helga Herrmann - Herrmann mit zwei "r", selbstverständlich, wie Klaus hervorhob - waren zufrieden mit ihrer Wohnsituation. Andere hatte es viel schlimmer getroffen. Sie wohnten zur Untermiete, hausten in irgendeinem Zimmer, geduldet von den sogenannten Hauptmietern, gemocht von ihnen nur sehr selten.
Behaglich war die Herrmann'sche Wohnung nicht. Aber die Familie hatte eine, wenn sie ihr auch auf eine merkwürdige Weise zugesprochen worden war.
Das familiäre Leben fand in der Wohnküche statt. Hier thronte der Herd mit seinem Feuerloch und der Röhre, in der das Wasser fast immer lauwarm war. Neben dem Ofen hatte Klaus Herrmann eine Platte montiert. Auf ihr konnte man Teller und Töpfe abstellen. Sie aber war nur benutzbar, wenn der Abfluss nicht gebraucht wurde, denn die Platte deckte ihn ab. Sie enthielt ein kleines, genau gezirkeltes Loch, für den Fall, dass der Messing-Wasserhahn tropfte. Während des Krieges hatte der Hausbesitzer neben dem Herd einen Gaskocher mit zwei Flammen montieren lassen. Die Gasuhr, die das verbrauchte Gas zählte, hing im Hausflur und musste mit Groschen gefüttert werden, sonst gab es kein Gas. Allerdings hatte ein paar Jahre nach dem Krieg die neue Hausverwaltung die Groschenuhr durch einen Gaszähler ersetzt, der leider, so fanden Herrmanns, zu schnell und zu gründlich zählte. Mitunter überschritten sie die zugeteilte monatliche Menge, die für acht Pfennige je Kubikmeter zu haben war. Der Mehrbedarf aber war teuer, Gas war noch eine Zeit lang knapp. Aber auch diese war inzwischen vorüber. Herrmanns konnten so viel Gas verbrauchen, wie sie wollten. Es kostete nach wie
Im Dresdner Ortsteil Pieschen lebten vor dem britisch-amerikanischen Bombenangriff vor allem Arbeiter mit ihren Familien, die in den großen Fabriken auf dem Industriegelände, in den Randgebieten der Großstadt und im nahen Schlachthof jenseits der Elbe ihren Lohn verdienten. Die Folgen der Bombennacht vom 13. Februar 1945 ließen auch ein paar Leute aus den angeseheneren Stadtteilen - Striesen, Johannstadt oder Südvorstadt - nach Pieschen kommen. Sprach man jedoch davon, wo man in Dresden gern wohnen würde, so meinte man die Ortsteile Weißer Hirsch oder Blasewitz, die im Wesentlichen von den Bomben verschont geblieben waren und welche nach dem Dresdner Zwinger, der Gemäldegalerie, der Frauenkirche und anderer historischer Denkmale das Aushängeschild der Stadt waren.
Bettinas Eltern wohnten mit ihren drei Töchtern Carmen, Gudrun und Bettina in Pieschen in der Eisenberger Straße im dritten Stock. Das Haus klemmte in einer Reihe von Häusern zwischen zwei gleich hohen Gebäuden. Als sie gebaut wurden, polterten noch schwer beladene Pferdewagen über die Kopfsteinpflaster der Straße, die von breiten Bürgersteigen gesäumt war. Die älteren Leute nannten diese selbst in den fünfziger Jahren noch immer "Trottoir".
Auch auf der anderen Straßenseite drängten die Häuser aneinander. Da war kein Platz für einen zierenden Baum, keiner für einen Garten vor dem Haus. Nur Unkräuter lugten zwischen den breiten Gehwegplatten hier und da hervor; niemand nahm von ihnen Notiz. In der Nacht, in der große Teile Dresdens in Trümmern versanken, waren in Pieschen nur wenige Bomben gefallen - nur ein paar bald gelöschte verirrte Brennstäbe und hier und da eine kleine Sprengbombe. Die Eisenberger Straße sah noch lange nach dem Krieg so aus, wie sie vor ihm auch schon war: grau, proletarisch, hässlich, vernachlässigt, aber sauber. Sauber die Straße, sauber die Straßenrinne, sauber die Gehwegplatten. Dafür sorgten die Hausgemeinschaften, denen dafür ein kleiner Obolus in die Hausgemeinschaftskasse floss. Hausgemeinschaften - das war eine Erfindung der neuen Herren, der Kommunisten.
Zum Promenieren war die Eisenberger Straße so wenig gebaut worden wie die benachbarten Straßenzüge. Hier wohnte man. Die meisten Pieschener empfanden diese hundert Jahre alten Miethäuser als ihr Zuhause. Auch Bettinas Eltern, Klaus und Helga Herrmann - Herrmann mit zwei "r", selbstverständlich, wie Klaus hervorhob - waren zufrieden mit ihrer Wohnsituation. Andere hatte es viel schlimmer getroffen. Sie wohnten zur Untermiete, hausten in irgendeinem Zimmer, geduldet von den sogenannten Hauptmietern, gemocht von ihnen nur sehr selten.
Behaglich war die Herrmann'sche Wohnung nicht. Aber die Familie hatte eine, wenn sie ihr auch auf eine merkwürdige Weise zugesprochen worden war.
Das familiäre Leben fand in der Wohnküche statt. Hier thronte der Herd mit seinem Feuerloch und der Röhre, in der das Wasser fast immer lauwarm war. Neben dem Ofen hatte Klaus Herrmann eine Platte montiert. Auf ihr konnte man Teller und Töpfe abstellen. Sie aber war nur benutzbar, wenn der Abfluss nicht gebraucht wurde, denn die Platte deckte ihn ab. Sie enthielt ein kleines, genau gezirkeltes Loch, für den Fall, dass der Messing-Wasserhahn tropfte. Während des Krieges hatte der Hausbesitzer neben dem Herd einen Gaskocher mit zwei Flammen montieren lassen. Die Gasuhr, die das verbrauchte Gas zählte, hing im Hausflur und musste mit Groschen gefüttert werden, sonst gab es kein Gas. Allerdings hatte ein paar Jahre nach dem Krieg die neue Hausverwaltung die Groschenuhr durch einen Gaszähler ersetzt, der leider, so fanden Herrmanns, zu schnell und zu gründlich zählte. Mitunter überschritten sie die zugeteilte monatliche Menge, die für acht Pfennige je Kubikmeter zu haben war. Der Mehrbedarf aber war teuer, Gas war noch eine Zeit lang knapp. Aber auch diese war inzwischen vorüber. Herrmanns konnten so viel Gas verbrauchen, wie sie wollten. Es kostete nach wie
Bettinas Eltern wohnten mit ihren drei Töchtern Carmen, Gudrun und Bettina in Pieschen in der Eisenberger Straße im dritten Stock. Das Haus klemmte in einer Reihe von Häusern zwischen zwei gleich hohen Gebäuden. Als sie gebaut wurden, polterten noch schwer beladene Pferdewagen über die Kopfsteinpflaster der Straße, die von breiten Bürgersteigen gesäumt war. Die älteren Leute nannten diese selbst in den fünfziger Jahren noch immer "Trottoir".
Auch auf der anderen Straßenseite drängten die Häuser aneinander. Da war kein Platz für einen zierenden Baum, keiner für einen Garten vor dem Haus. Nur Unkräuter lugten zwischen den breiten Gehwegplatten hier und da hervor; niemand nahm von ihnen Notiz. In der Nacht, in der große Teile Dresdens in Trümmern versanken, waren in Pieschen nur wenige Bomben gefallen - nur ein paar bald gelöschte verirrte Brennstäbe und hier und da eine kleine Sprengbombe. Die Eisenberger Straße sah noch lange nach dem Krieg so aus, wie sie vor ihm auch schon war: grau, proletarisch, hässlich, vernachlässigt, aber sauber. Sauber die Straße, sauber die Straßenrinne, sauber die Gehwegplatten. Dafür sorgten die Hausgemeinschaften, denen dafür ein kleiner Obolus in die Hausgemeinschaftskasse floss. Hausgemeinschaften - das war eine Erfindung der neuen Herren, der Kommunisten.
Zum Promenieren war die Eisenberger Straße so wenig gebaut worden wie die benachbarten Straßenzüge. Hier wohnte man. Die meisten Pieschener empfanden diese hundert Jahre alten Miethäuser als ihr Zuhause. Auch Bettinas Eltern, Klaus und Helga Herrmann - Herrmann mit zwei "r", selbstverständlich, wie Klaus hervorhob - waren zufrieden mit ihrer Wohnsituation. Andere hatte es viel schlimmer getroffen. Sie wohnten zur Untermiete, hausten in irgendeinem Zimmer, geduldet von den sogenannten Hauptmietern, gemocht von ihnen nur sehr selten.
Behaglich war die Herrmann'sche Wohnung nicht. Aber die Familie hatte eine, wenn sie ihr auch auf eine merkwürdige Weise zugesprochen worden war.
Das familiäre Leben fand in der Wohnküche statt. Hier thronte der Herd mit seinem Feuerloch und der Röhre, in der das Wasser fast immer lauwarm war. Neben dem Ofen hatte Klaus Herrmann eine Platte montiert. Auf ihr konnte man Teller und Töpfe abstellen. Sie aber war nur benutzbar, wenn der Abfluss nicht gebraucht wurde, denn die Platte deckte ihn ab. Sie enthielt ein kleines, genau gezirkeltes Loch, für den Fall, dass der Messing-Wasserhahn tropfte. Während des Krieges hatte der Hausbesitzer neben dem Herd einen Gaskocher mit zwei Flammen montieren lassen. Die Gasuhr, die das verbrauchte Gas zählte, hing im Hausflur und musste mit Groschen gefüttert werden, sonst gab es kein Gas. Allerdings hatte ein paar Jahre nach dem Krieg die neue Hausverwaltung die Groschenuhr durch einen Gaszähler ersetzt, der leider, so fanden Herrmanns, zu schnell und zu gründlich zählte. Mitunter überschritten sie die zugeteilte monatliche Menge, die für acht Pfennige je Kubikmeter zu haben war. Der Mehrbedarf aber war teuer, Gas war noch eine Zeit lang knapp. Aber auch diese war inzwischen vorüber. Herrmanns konnten so viel Gas verbrauchen, wie sie wollten. Es kostete nach wie
Details
Erscheinungsjahr: | 2015 |
---|---|
Genre: | Belletristik |
Medium: | Taschenbuch |
Inhalt: | Kartoniert / Broschiert |
ISBN-13: | 9783906212210 |
ISBN-10: | 3906212211 |
Sprache: | Deutsch |
Einband: | Kartoniert / Broschiert |
Autor: |
Mager, Günter
Kohl, Dirk |
Hersteller: | Weltbuch |
Maße: | 216 x 134 x 53 mm |
Von/Mit: | Günter Mager (u. a.) |
Erscheinungsdatum: | 08.10.2015 |
Gewicht: | 0,727 kg |
Details
Erscheinungsjahr: | 2015 |
---|---|
Genre: | Belletristik |
Medium: | Taschenbuch |
Inhalt: | Kartoniert / Broschiert |
ISBN-13: | 9783906212210 |
ISBN-10: | 3906212211 |
Sprache: | Deutsch |
Einband: | Kartoniert / Broschiert |
Autor: |
Mager, Günter
Kohl, Dirk |
Hersteller: | Weltbuch |
Maße: | 216 x 134 x 53 mm |
Von/Mit: | Günter Mager (u. a.) |
Erscheinungsdatum: | 08.10.2015 |
Gewicht: | 0,727 kg |
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